Rückschau
Nach dem Ironman 70.3 Kraichgau folgten mehr Therapiestunden als Trainingsstunden. Dennoch konnte ich nochmals gute Einheiten abliefern, sodass mein Team und ich zuversichtlich in Richtung Ironman Nizza schauen konnten. In den letzten beiden Wochen stand die Erholung und Therapie im Vordergrund. Eine Woche vor dem Ironman 70.3 Kraichgau hatte ich mir eine Verletzung im Oberschenkel zu gezogen, die mich auch weiterhin behinderte. Zudem wurde weiterhin mein Rücken behandelt, wodurch die Schmerzen im Gesäß langsam weniger wurden.
In der unmittelbaren Vorbereitung auf Nizza ließ ich die ein oder andere Einheit aus, um den verletzten Regionen noch mehr Zeit zur Regeneration zu geben.
„Es gab viele Einheiten, die mir zeigten, dass meine Form gut ist und ich mit Selbstvertrauen nach Nizza reisen könnte. Doch aufgrund der Unklarheiten bezüglich meines Oberschenkels und meines Rückens gab es mehrere Gespräche und Überlegungen im Team gemeinsam mit Ärzten und Therapeuten, ob ich das Rennen absolvieren kann oder nicht. Meine Therapeuten gaben ihr Bestes und ich trainierte nur noch wenig, um die Therapien ansprechen zu lassen und ordentlich ausgeruht ins Rennen starten zu können. Nach mehreren Behandlungen und Gedankengängen entschied ich mich für die Reise und den Wettkampf. Ich wollte nicht kampflos aufgeben und mir später sagen können, du hättest es ja wenigstens versuchen können.“
Vorbereitung in Nizza
So flog ich gemeinsam mit meinen Eltern am Mittwoch nach zwei weiteren Behandlungen nach Nizza. Abends absolvierte ich meinen letzten Lauf, doch schon bei dieser Einheit zeigten sich wieder die Schmerzen im Oberschenkel. So beschloss ich vor dem Rennen nicht mehr zu laufen. Am nächsten gab absolvierte ich eine Schwimmeinheit, die gut und nach Plan lief. Anschließend ging es zur Registrierung und gemeinsam mit meinen beiden Athleten Stefan und Corinna und meinen Eltern mit dem Auto auf die Radstrecke. Stefan und Corinna hatten vor einigen Wochen bereits auf der Strecke trainiert, sodass sie mir alles wissenswerten Daten mitteilen konnten. „Ist auch mal schön, wenn die Athleten zum Trainer werden.“ Die Radstrecke war doch anspruchsvoller, als ich sie mir vorgestellt hatte. „20 Kilometer flach dann nur noch lange Bergauf oder Bergab und die letzten 20 Kilometer flach, dazu sehr kurvig. Die Bergauf-Passagen sind genau nach meinem Geschmack,“ dachte ich mir. Am nächsten Tag gab es einen Ruhetag, an dem ich alle Dinge vorbereitete, die ich für den Wettkampf benötigte und einfach nur die Beine hochlegte um Kraft zu tanken. Einen Tag vor dem Rennen ging es nochmals auf Rad um zu testen, ob alles passte. Das Gefühl hätte besser sein können, „doch einen Tag vor Kraichgau hatte ich ein super Gefühl und im Wettkampf nur Schmerzen, sodass ich es positiv sah.“ Anschließend ging es zur Wettkampfbesprechung, bevor ich den letzten Test der Schwimmstrecke vornahm. Gemeinsam mit Gregor Buchholz konnte ich eine sehr gute Abschlusseinheit absolvieren. „Jetzt nur noch viele Kohlenhydrate tanken, dann kann es losgehen.“ Die Anspannung war wie immer vor einer Langdistanz sehr hoch, sodass es gar nicht so einfach ist, die Speicher zu füllen.
Zum Rennen
Um 6:26 Uhr fiel der Start für die Profi-Damen. Mittels eines kurzen Sprints ins Meer wurde das Rennen gestartet. „Ich bin locker ins Wasser gelaufen, um kein vorzeitiges Aus zu riskieren und habe auf meine Schwimmstärke vertraut. Nach wenigen Metern hatte ich die Spitzengruppe erreicht und konnte mich an Position 4 einreihen. Das Tempo war nicht zu hoch, sodass ich plante nach der ersten Runde die Spitze zu übernehmen. Doch leider nach gut 1500 Metern schwammen wir auf die Profi-Männer auf, die nur eine Minute vor uns gestartet waren. Leider versperrten sie mir den Weg, sodass ich den Anschluss an die ersten drei Frauen verlor und fortan alleine schwimmen musste.“ Nach 57 Minuten erreichte ich das Land und lief locker zu meinem Rad. Auf den ersten 20 Kilometern wollte ich es erstmal ruhig angehen lassen um dann an den Anstiegen ordentlich aufdrehen zu können. Doch schon auf den ersten Metern merkte ich, dass wie auch in den anderen Rennen der Druck fehlt und mein Körper sich wert in die Aeroposition zu gehen. Gut, die Aeroposition spielte in diesem Rennen eine untergeordnete Rolle, aber der Druck fehlte komplett. So war mir früh klar, dass mir heute ein langer Tag bevorstehen würde. Auch wenn ich versuchte mir immer wieder positiv zu zureden, wurden die Berge so natürlich immer länger und steiler. Ich versuchte mich auf mich zu konzentrieren und dennoch mein Rennen zu machen. Nicht so einfach, wenn man seine Werte sieht und merkt, dass man keine Leistung bringt. Die Abfahrten fuhr ich verhalten um kein weiteres Risiko einzugehen. Nach 5:51 Stunden erreichte ich enttäuscht die Wechselzone. Schon in der Wechselzone musste ich immer wieder gehen um mein Rad an seinen Platz zu bringen. Nach einem kurzen Stopp auf der Toilette sammelte ich mich wieder und beschloss dennoch los zu laufen.
Doch schon die ersten Schritte waren schmerzhaft und ich merkte, dass ich auf der linken Seite keinen Schritt ziehen kann. Ich versuchte zwei Kilometer gegen meinen Körper und Kopf anzukämpfen. „Doch für was und wen soll ich meine Gesundheit aufs Spiel setzen, schoss es mir durch den Kopf. Ich mache den Sport für mich und keinen anderen. Ich möchte Spaß haben und meine Leistung abrufen, für die ich trainiert habe. Doch unter diesen Schmerzen ist dies leider nicht möglich. Ich habe es versucht und im Nachhinein kann man natürlich sagen, es wäre vielleicht schlauer gewesen nicht an den Start zu gehen. Doch hätte ich nicht an mich geglaubt und gedacht, dass ich es schaffen könnte, hätte ich es nicht gemacht. Doch ein Rennen ist immer etwas Anderes als Training. Nach 2 Kilometern begann ich ein paar Schritte zu gehen und lies meinen Tränen freien Lauf, bevor ich das Rennen vorzeitig beendete.
Mein Glückwunsch gilt allen Finishern, die dieses harte Rennen erfolgreich gemeistert haben.
Ausblick
Jetzt heißt es erstmal wieder viele Untersuchungen über mich ergehen lassen um hoffentlich die Ursache schnell zu finden und beheben zu können. Dann möchte ich gerne noch ein paar Rennen über die Mitteldistanz in Deutschland bestreiten und endlich wieder Spaß an den Rennen zu haben, da ich wieder Druck aufs Pedal bringen kann.
Danke
Vielen lieben Dank an mein gesamtes Team, welches immer ein offenes Ohr für mich hat und versucht das Bestmögliche rauszuholen. Ohne euch wäre das alles nicht möglich und meine Motivation und der Glaube schon lange versiegt. Danke auch an meine Familie und Freunde, die immer für mich da sind, mich ablenken und mir Mut zureden, wenn wieder neue Steine in den Weg gelegt werden. Danke auch an meine Sponsoren und Partner, die mich unterstützen und mir den Rücken freihalten.